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Kanzlei am Markt aus Hamburg-Wellingsbüttel informiert aus dem Familienrecht:

Rückforderungsrecht der Eltern bei Auflösung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatten Eltern ihrer Tochter und deren Lebensgefährten zur Finanzierung einer von beiden erworbenen Immobilie Beträge von insgesamt 104.109,10 € zugewendet. Einige Jahre später trennten sich die Tochter der Kläger und ihr Lebensgefährte. Die Eltern verlangten daraufhin gerichtlich die Hälfte der zugewandten Beträge zurück. Sie stützte dieses in erster Linie auf eine Darlehensabrede. Hilfsweise hatten sie sich den Vortrag des Beklagten zueigen gemacht, die Geldleistungen seien unentgeltlich erfolgt.

Das hiermit in erster Instanz befasste Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Das OLG hatte  einen Anspruch der Klägerin wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage für begründet gehalten. Mit der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, von denen die Vertragsparteien  ursprünglich gemeinsam ausgegangen seien. Den Zuwendungen habe die Vorstellung zugrunde gelegen, die Beziehung zwischen der Tochter der Klägerin und dem Beklagten werde lebenslangen Bestand haben. Mit der Trennung, die kurze Zeit nach der Schenkung erfolgt sei, sei diese Geschäftsgrundlage weggefallen, und der Klägerin sei ein Festhalten an der Schenkung nicht zuzumuten. Da die Tochter der Klägerin jedoch noch mehrere Jahre in der gemeinsamen Immobilie gewohnt habe, habe sich der mit der Schenkung verfolgte Zweck teilweise verwirklicht. Diese Zweckrichtung sei in Relation zur erwarteten Gesamtdauer der Lebensgemeinschaft zu setzen. Demnach habe der Beklagte den weitaus größten Anteil seiner auf ihn fallenden hälftigen Zuwendungen zurückzuzahlen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Entscheidung des OLG im Wesentlichen bestätigt.

Wie bei jedem Vertrag können auch bei er Schenkung Vorstellungen eines oder beider Vertragspartner vom Bestand oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände zugrunde liegen, die nicht Vertragsinhalt sind, auf denen der Geschäftswille jedoch gleichwohl aufbaut. Deren schwerwiegende Veränderung kann daher wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Anpassung des Vertrages oder gar das Recht eines oder beider Vertragspartner erfordern, sich vom Vertrag zu lösen (§ 313 BGB).

Bei der Prüfung, was im Einzelfall Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrags ist, ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Schenkungsvertrag keinen Vertrag darstellt, bei dem Leistung und Gegenleistung ausgetauscht werden. Der Schenkungsvertrag ist vielmehr durch das Versprechen einer einseitigen unentgeltlichen Zuwendung gekennzeichnet, mit der der Schenkende etwas weggibt und dem Beschenkten soweit die Schenkung nicht unter einem Vorbehalt oder einer Bedingung oder ähnlichem erfolgt, sondern das Geschenkte zur freien Verfügung überlässt.

Bei der Schenkung eines Grundstücks oder zu dessen Erwerb bestimmter Geldbeträge an das eigene Kind und dessen Partner hegt der Schenkende in der Regel die Erwartung, die Immobilie werde von den Beschenkten zumindest für einige Zeit gemeinsam genutzt. Dies erlaubt jedoch noch nicht die Annahme, Geschäftsgrundlage der Schenkung sei die Vorstellung, die gemeinsame Nutzung der Immobilie werde erst mit dem Tod eines Partners enden. Denn mit einem Scheitern der Beziehung muss der Schenkende rechnen, und die Folgen für die Nutzung des Geschenks gehören zu dem vertraglich übernommenen Risiko einer freigiebigen Zuwendung, deren Behaltendürfen der Beschenkte nicht rechtfertigen muss.

Das Berufungsgericht stellte fest, die Zuwendung sei in der Erwartung erfolgt, die Beziehung zwischen der Tochter der Klägerin und dem Beklagten werde andauern und das zu erwerbende Grundeigentum werde die “räumliche Grundlage” des weiteren nicht nur kurzfristigen Zusammenlebens der Partner bilden, auf einer rechtlich möglichen Würdigung des Sachvortrags der Parteien. Diese Geschäftsgrundlage der Schenkung ist weggefallen, nicht weil die Beziehung kein Leben lang gehalten hat, sondern weil sich die Tochter der Klägerin und der Beklagte schon weniger als zwei Jahre nach der Schenkung getrennt haben und sich die für die Grundstücksschenkung konstitutive Annahme damit als unzutreffend erwiesen hat, die Partner würden die Lebensgemeinschaft nicht lediglich für kurze Zeit fortsetzen.

In einem solchen Fall ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Schenkung nicht erfolgt wäre, wenn  für die Schenkenden das alsbaldige Ende dieses Zusammenlebens erkennbar gewesen wäre. Dann kann dem Schenkenden regelmäßig nicht zugemutet werden, sich an der Zuwendung festhalten lassen zu müssen, und es ist dem Beschenkten, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, seinerseits zuzumuten, das Geschenk zurückzugeben.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Juni 2019 – X ZR 107/16).

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