Die Rechtsanwälte der Kanzlei am Markt in Hamburg-Wellingsbüttel informieren aus dem Familienrecht:
„Beschleunigungsgebot in Umgangsverfahren – stumpfes Schwert“
Trotz des Bestehens eines gesetzlichen Beschleunigungsgebotes in besonderen Kindschaftsangelegenheiten sieht die Praxis oftmals vollkommen anders aus.
Aus unterschiedlichen Gründen ziehen sich Verfahren häufig in die Länge, oftmals auch durch recht durchschaubare Winkelzüge des Elternteils, der den Umgang verhindern möchte. Hier werden dann durch die Zeitverzögerung vielfach Fakten geschaffen, die rechtlich zwar eigentlich nicht gewollt sind, jedoch u.a. aus Kontinuitätserwägungen, wegen verschärfter Loyalitätskonflikte, Beeinflussung und Entfremdung zum Wohle des Kindes letztendlich in „rechtliche Form gegossen“ werden müssen.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun auch entschieden, dass weder verfassungsrechtliche noch menschenrechtliche Gewährleistungen, generell in Umgangssachen eine Pflicht zu „maximaler Verfahrensbeschleunigung“ zugrunde zu legen ist (BVerfG vom 06.09.2019 – 1 BvR 1763/18). Leitend muss immer das Kindeswohlinteresse sein. So dürfen auch in den Fällen der sogenannten „ertrotzten Kontinuität“ durch dauerhaft verweigerten Umgang oder mutwillige Verzögerung des Verfahrens durch einzelne Verfahrensbeteiligte nicht Sanktionen die Folge sein, sondern es ist allein am Maßstab des Kindeswohlinteresses orientiert zu entscheiden.
Aus Sich des betroffenen Elternteils ist diese Herangehensweise zwar regelmäßig schwer erträglich – zum Wohle des Kindes scheint sie jedoch die einzig richtige Vorgehensweise zu sein.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeigt auch auf, dass, sofern eine Verfahrensverzögerung gerügt werden soll, die pauschale Behauptung einer Gefahr der Entfremdung nicht ausreichende ist, sondern die konkreten Umstände des Einzelfalls so früh wie möglich darzulegen sind.