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Die Rechtsanwälte der Kanzlei am Markt aus Hamburg-Wellingsbüttel informieren aus dem Familienrecht:

„Zum Überlassungsanspruch an der ehemaligen Ehewohnung nach Scheidung“

In dem entschiedenen Fall hatten die Beteiligten während ihrer Ehe gemeinsam eine im Alleineigentum des Ehemannes liegende Wohnung bewohnt. Seit der Trennung und auch über die rechtskräftige Scheidung hinaus nutzte die Ehefrau die Wohnung sodann allein. Die Ehefrau hatte eine ursprünglich in ihrem Alleineigentum stehende andere Wohnung in demselben Haus nach der Scheidung unentgeltlich auf ihren  Sohn übertragen. An ihren  Ehemann zahlte sie weder Miete oder Nutzungsentschädigung noch übernahm sie die verbrauchsabhängigen Kosten. Zahlungsaufforderungen sowie Herausgabeverlangen  des Ehemannes blieben erfolglos. 

Der Ehemann hatte sodann gem.  § 985 BGB Räumungs- und Herausgabeantrag gestellt, dem erstinstanzlich auch entsprochen worden war. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau ist zurückgewiesen worden, was auch vom  Bundesgerichtshof  (BGH) bestätigt worden ist.

Generell  sei der aus dem Eigentum folgende Herausgabeanspruch eines Ehegatten auch nach Rechtskraft der Scheidung nicht durchsetzbar, soweit der Anwendungsbereich des Ehewohnungszuweisungsverfahrens nach § 1568 a BGB eröffnet sei. Im Einzelfall sei sodann zu entscheiden, ob es sich im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung  bei der Wohnung auch während des Getrenntlebens in rechtlicher Hinsicht um die Ehewohnung gehandelt habe.

Diese Sperrwirkung sei aber durch § 1568 a Abs. 6 BGB zeitlich begrenzt: Ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung würden daher nicht nur die Ansprüche auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung erlöschen, sondern auch solche auf Überlassung der Ehewohnung, wenn sie nicht vorher rechtshängig gemacht worden seien. Zwar treffe § 1568 a Abs. 6 BGB seinem Wortlaut nach keine Regelung für die Ansprüche des Ehegatten auf Überlassung der Ehewohnung nach § 1568 a Abs. 1 und 2 BGB. Dennoch führe das Erlöschen der auf die Begründung eines Mietverhältnisses bezogenen Ansprüche aus § 1568 a Abs. 3 und 5 BGB nach Ablauf der Jahresfrist nach Sinn und Zweck der Regelung und des systematischen Gesamtzusammenhangs dazu, dass dann auch der aus § 1568 a Abs.1 oder 2 BGB folgende Überlassungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden könne. Die gesetzliche Regelung sehe im Sinne der Rechtsklarheit als Rechtsfolge ausschließlich die Begründung oder Fortführung eines Mietverhältnisses vor. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sollte auch in den Fällen, in denen der zur Überlassung verpflichtete Ehegatte Alleineigentümer der Ehewohnung ist, der Abschluss eines Mietvertrags der Regelfall sein. Ohne die Jahresfrist auch für den Überlassungsanspruch sei der verpflichtete Ehegatte aber der Möglichkeit beraubt, die vom Gesetzgeber für erforderlich gehaltene Absicherung dieses Überlassungsverhältnisses mittels Mietvertrags mit seinem Ex-Ehegatten durchzusetzen zu können.

Hierfür sprächen auch Gründe der Praktikabilität und Rechtssicherheit sowie Sinn und Zweck der Bestimmung, nicht mietvertraglich geregelte Nutzungsverhältnisse nach Möglichkeit zu vermeiden. 

In dem entschiedenen Fall war die Jahresfrist bereits lange abgelaufen, ohne dass die Ehefrau Ansprüche aus § 1568 a BGB gerichtlich geltend gemacht hatte. Da ihr auch nicht aus anderen Gründen, wie z.B. einer anderweitigen Regelung, ein Recht zum Besitz an der Wohnung zustand, wurde eine Verpflichtung gem. § 985 BGB zur Herausgabe der Wohnung gesehen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2021 – XII ZB 243/20).

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